The Pentateuch Of The Cosmogony – Grennslade & Woodroffe
(1979)
(Die „Fünf Bücher Moses“ der kosmischen Schöpfungsgeschichte)
Man
stelle
sich
vor,
in
einer
anderen
Zeitrechnung
und
in
einer
weit
entfernten
Galaxie
ging
einst
ein
interstellares
Raumschiff
auf
Reisen.
Diese
bio-mechanische
Konstruktion
einer
hoch
entwickelten
Technologie
erreicht
irgendwann
unser
Sonnensystem
und
strandet,
nachdem
es
in
eine
Saturnumlaufbahn
gelangte,
auf
dem
Ringplaneten.
Im
September
des
Jahres
2378
wird
das
bio-
mechanische
Raumschiff,
das
wahrscheinlich
im
Verbund
einer
ganzen
Flottille
hierher
gelangte,
von
den
Mitarbeitern
der
Titan
Basis
gefunden.
Sie
finden
heraus,
dass
in
den
Datenspeichern
des
galaktischen
Fundes
das
gesamte
Wissen
einer
anderen
menschlichen
Daseinsform
gespeichert
ist.
Durch
die
gleichzeitig
Entdeckung
einer
schriftähnlichen
Botschaft
sei
man
nun
in
der
Lage, dieses gesamte Wissen zu entschlüsseln und der Menschheit zugänglich zu machen.
So
beginnt
eine
Saga
und
eine
Botschaft,
die
vom
Werden
und
dem
Untergang
einer
uns
fremden
Lebensform
irgendwo
in
den
Weiten
des
Universums
berichtet,
von
den
Lehren
einer
anderen
Schöpfungsgeschichte.
Das
Besondere
daran
ist,
dass
diese
fantastische
und
fantasievolle
Erzählung
in
Form
einer,
in
ein
Buch
eingebundenen,
Doppel-Vinyl-LP
auf
uns
zukommt.
Das
ist
zwar
schon
über
30
Jahre
her,
aber
noch
immer
ist
diese
„außerirdische
Genesis“
mehr
als
nur
einen
Fingerzeig
wert.
Der
Fantasy-Maler
PATRICK
WOODROFFE
hatte
die
Geschichte
dieser
Zivilisation
in
einem
50-seitigen,
mit
aufwendig
Grafiken
ausgestatten,
einzigartigen
Buch
erstellt.
DAVE
GREENSLADE,
den
ehemaligen
Keyboarder
und
Komponisten
von
Colosseum,
der
gerade
seine
eigene
Band
GREENSLADE
ein
zweites
Mal
auflöste
und
dessen
Album-Cover
er
auch
gestaltete,
hatte
er
gebeten,
die
Handlung
für
dieses
Buchprojekt
mit
seinen
musikalischen
Mitteln
umzusetzen.
Greenslade
kam
dieser
Bitte
nach
und
erstellte,
in
beinahe
fast
ausschließlich
solistischer
Arbeit,
das
vielleicht
ultimative
Solo-Werk
für
elektronische
Rock-
und
Pop-Musik.
Das
Doppel-Album
„The
Pentateuch
Of
Cosmogony“
(1979)
in
Buchform
erzählt
die
Geschichte
einer
uns
fremden
Menschheit
unter
gleichwertige
Einbeziehung
grafisch-gestalterischer
und
musikalischer
Formen
als
ein
in
sich
geformtes
Gesamtkunstwerk.
Der
Musiker
Dave
Greenslade
nutzte
bei
der
Umsetzung
ein
gewaltiges
Arsenal von Synthesizern, Tasteninstrumenten und anderen Klangerzeugern.
Am
Beginn
des
Buches
steht
die
Entdeckung
des
Raumschiffes,
die
Entschlüsselung
der
Zeichenschrift
und
die
Deutung
der
Baupläne.
Das
Raffinierte
daran
ist,
dass
diese
vom
Verfasser
geschaffene
Zeichenschrift
mit
ihrer
Bedeutung
tatsächlich
ins
Englische
zu
übersetzen
geht
und
der
Leser
den
gesamten
Prozess,
wenn
er
denn
möchte,
anhand
einer
Tabelle
„lesend“
für
sich
selbst
entdecken
kann.
So
erlebt
der
Betrachter
das
Leben
in
einer
anderen
Welt,
die
in
Harmonie
mit
ihrem
Schöpfungsprozess
wächst,
bis
zu
jenem
tragischen
Moment,
da
die
gesamte
fremde
Zivilisation
durch
Krieg
den
Weg
ihrer
eigenen
Zerstörung
geht,
um
letztlich,
beinahe
vollständig
vernichtet,
ihren
eigenen
Planeten
zu
verlassen
und
eine
Reise
in
die
Ungewissheit
anzutreten.
All
dies
kann
man,
ohne
bis
zu
diesem
Moment
auch
nur
einen
einzigen
Ton
gehört
zu
haben,
staunenden
Auges
anhand
der
wirklich
fantasievollen
und
auf
ihre
Art
einzigartig
„realistischen“
Grafiken
von
Patrick
Woodroffe nachvollziehen.
Die
eigentliche
Krone
aber
setzt
diesem
Werk
von
Patrick
Woodroffe
die
Musik
von
Dave
Greenslade
auf.
Diese
Musik
kommt,
konsequenter
Weise
ebenso
wie
die
Schrift
und
die
Baupläne,
aus
der
Datenbank
des
fremden
Raumschiffes.
Quasi
als
Ergänzung
zu
den
optischen
und
lesbaren
Komponenten
soll
die
Musik
den
Gesamteindruck
der
Illusion
perfekt
machen.
Die
Idee
besteht
sicher
darin,
den
Hörer
nun
ebenfalls
in
eine
uns
fremde
und
außergewöhnliche
Klangwelt
zu
entführen.
In Realität kommt sie natürlich von den vier LP-Seiten bzw. aus dem Keyboard-Arsenal von Dave Greenslade.
Vielleicht
ist
Musik
bzw.
Sound
sogar
so
etwas
wie
eine
universelle
und
„intergalaktische
Sprache“,
ganz
gleich
wie
sie
tatsächlich
„klingt“
und
so
versucht
Greenslade
gar
nicht
erst
uns
etwa
einen
außerirdischen
Soundkollaps
zu
präsentieren,
sondern
nutzt
alle
damaligen
Möglichkeiten
elektronischer
Klangschöpfungen,
um
uns
„Irdischen“
die
„Fabel“
auf
seine
Weise
zu
erzählen
und
damit
die
optischen
Eindrücke
zu
ergänzen.
Dabei
nutzt
er
die
Vielfalt
der
Klänge,
die
sich
durch
die
Synthies
ergeben
sehr
differenziert,
um
zum
Teil
wunderschöne
Melodien
und
Themen
entstehen
zu
lassen,
die
sich
durch
das
musikalische
Gesamtbild
ziehen.
Dem
Hörer,
respektive
dem
Betrachter,
bleibt
dabei
überlassen,
alle
Eindrücke
mit
seiner
ganz
individuellen
Fantasie
zu
ergänzen
oder
sich
einfach
der
Faszination
der
Grafiken
und
dem
Klang
der
Musik
hinzugeben.
Die
zieht
einen
zunächst
vorsichtig
mit
„Introit“
in
das
Geschehen
hinein
und
lässt
erste
dramatische
Momente
aufblitzen,
die
sich
schon
beim
„Moondance“
(Mondtanz)
vollständig
entfalten.
Je
weiter
sich
die
„Botschaften
entschlüsseln
lassen“,
desto
intensiver
wirkt
die
Musik
und
überlagern
sich
die
Themen,
spielen
miteinander
und
fesseln
den
Hörer.
Dieser
Eindruck
verstärkt
sich
mit
„Beltempest“
und
„Glass“
noch
weiter.
Man
findet
sich
inmitten
fremdartig
schöner
Klänge
und
Melodien,
in
denen
sich
hier
und
da
erste
Brüche
andeuten.
Die
erste
LP-Seite
klingt
mit
dem
schillernden
„Three
Brides“
(Drei Bräute) aus, die sich in einem „souligen“ Tanz miteinander zu wiegen scheinen.
Ebenfalls
mit
tanzbaren
Rhythmen
öffnet
„Birds
&
Bats
&
Dragonflies“
die
zweite
Seite
und
mit
„Nursery
Hymn“
(Kinderzimmerhymne)
sind
zum
ersten
Mal
Stimmen
aus
der
fremden
Welt
zu
hören,
die
im
Original
Greenslade’s
damals
zwei/einhalbjähriger
Tochter
formte.
Wir
tauchen
immer
intensiver
in
die
Saga
ein
und
erleben
einen
zauberhaften
„The
Minstrel“
sowie
mit
„Fresco/Kashrinn“
zwei
weitere
kurze
Zwischenspiele.
„Barcarole“
überrascht
ein
weiteres
Mal
mit
„stimmlichen
Passagen“,
mit
Vocoder
derart
passend
erzeugt,
dass
die
Illusion
nicht
zerstört
wird.
Die
Seite
klingt
tragisch
und
düster
im
„Dry
Land“
(Trockendes
Land),
das
einem
wirklich
das
Gefühl
von
düster
und
fremder
Schönheit
vermittelt,
aus.
An
dieser
Stelle
angekommen,
wirkt
der
Gesamteindruck
von
grafischer
Schönheit
und
emotionalen
Klängen
stimmig,
so als befände man sich wirklich inmitten völlig fremder Wahrnehmungen und Eindrücke.
Mit
jazz-ähnliche
Klängen
im
fernöstlichem
Touch
überrascht
„Forest
Kingdom“
auf
der
dritten
Seite,
während
„Vivat
Regina“
sich
wieder
genüsslich
der
Electronics
bedient,
wie
in
einem
fernen
Pop-Universum.
„Scream
But
Not
Heard“
hingegen
vermittelt
ein
Gefühl
von
Traurigkeit
und
Angst,
die
sich
langsam
überall
breit
zu
machen
scheint
und
im
Sound
von
„Mischief“
wird
daraus
eine
düstere
Drohung,
die
am
Ende
der
Seite
dann
letztlich
in
„War“
(Krieg)
endet.
Die
galaktische
Apokalypse
beginnt
ihren
Lauf
zu
nehmen,
unaufhaltsam
und
bedrohlich
macht
uns
der
Sound
zu
Ohrenzeugen.
Es
ist
beeindruckend
düster
und
fesselnd
zu
hören,
was
da
als
Botschaft
aus
den
Tiefen
des
Universums(?)
zu
uns
gelangt
ist.
Die
vierte
Seite
beginnt
mit
einem
„Lament
For
The
Sea“
(Wehklage
für
die
See),
das
von
getragenen
Tönen
dominiert
wird
und
in
„Miasma
Generator“
mündet.
Hier
hat
die
Musik
freien
Lauf,
kann
sich
wieder
entwickeln
und
entfalten
bis
hin
zu
„Exile“,
das
den
Aufbruch
und
Abschied
gleichermaßen
musikalisch
verbildlicht.
Eine
lange
hoffnungsvolle
Reise
kann
beginnen
–
„Jubilate“.
Das
letzte
Bild
und
die
letzten
Töne
„The
Tiger
And
The
Dove“
(Tiger
und
Taube)
zeigen
ein
sinnbildhaftes
Gleichnis
vom
Untergang
des
Bösen,
dem
Tiger,
und
der
Geburt
neuer
Hoffnung,
der
Taube,
und
damit
vom
(Über)Leben,
das
noch
einmal
eine
Chance
bekommt.
Zumindest
aber
zeigt
es
die
Möglichkeit,
das
Wissen
und
die
Erfahrung vom Erlebten als „Pentateuch“ (Die 5 Bücher Moses) weiter zu tragen.
Wir
hören
nicht
„neue
und
fremde“
Musik,
das
wäre
der
Erwartungen
viel
zu
viel.
Aber
wir
erfahren,
dass
die
populäre
Musik
vermittels
elektronischer
Klänge
eine
Geschichte
erzählen
und
eine
Botschaft
vermitteln
kann.
Die
musikalischen
Strukturen,
die
Dave
Greenslade
produziert,
sind
durchaus
irdisch,
aber
mitunter
voller
Überraschungen
und
voller
fremdartig
reizvoller
Schönheit.
Im
Kontext
mit
den
Grafiken
und
Texten,
der
Gesamtform
als
Buch
und
den
darin
enthaltenen
beiden
Langspielplatten,
ist
den
Künstlern
ein
opulentes
und
in
Bildern
und
Tönen
schwelgendes
kleines,
fantasievolles
Kunstwerk
gelungen,
das
es
in
dieser
Form
und
mit
diesem
Konzept
kein
zweites
Mal
gibt.
Das
Werk
erscheint
zwar
erst
nach
dem
Höhepunkt
des
Art-
&
Progressive
Rock
am
Ende
der
70er
Jahre
mit
einer
limitierten
Auflage
von
nur
50.000
Exemplaren
in
England,
ist
aber
bis
heute
mit
diesem
Anspruch
und
der
Art
und
Weise
der
Verwirklichung
einzig
geblieben
und
von
Sammlern
gesucht
und
verehrt.
Im
Jahre
1979
hatte
es
den
Zeitgeist
bereits
weit
verfehlt
und
ist
dennoch eines der schönsten Dokumente jenes Musizierstils geworden.
Eigentlich
ist
es
ein
Jammer,
dass
heute
niemand
mehr
auf
die
Idee
kommt,
Musik,
Text
und
Booklet
als
künstlerische
Einheit
miteinander
zu
verschmelzen
und
dann
auch
noch
das
finanzielle
Risiko
auf
sich
zu
nehmen,
ein
Rock-
oder
Pop-
Projekt
derartig
aufwendig
und
in
LP-Größe
zu
veröffentlichen.
Bei
diesem
Format
werden
die
Sinne
angesprochen,
die
Fantasie
bekommt
Flügel
und
das
Staunen
findet
kein
Ende.
Viele
Rock-Alben
jener
Zeit,
von
Yes
über
Judas
Priest
oder
eben
Greenslade,
bedienten
sich
der
Kunst
von
Grafikern,
die
bleibende
kleine
Meisterwerke
in
Einheit
von
Gestaltung
und
Musik
schufen.
Platten
wie
„Olias
Of
Sunhillow“
und
eben
„The
Pentateuch
Of
The
Cosmogony“
sind
herausragende
Beispiele
dafür
und
werden
immer
ihren
Platz
in
den
Herzen
der
Fans
und
Musikliebhaber
finden.
In
den
Analen
der
Rockgeschichte haben sie sich längst verewigt.
Ich
selbst
bin
stolz
auf
meine
englische
Originalausgabe
(EMSP
332
/
ISBN
0905895495),
die
man
noch
heute
ab
und
an
finden
kann.
Wem
jedoch
die
Investition
in
diese
sehr
aufwendige
Edition
zu
teuer
ist,
aber
dennoch
das
kleine
Kunstwerk
besitzen
möchte,
sollte
sich
nach
der
preiswerten
CD-Version
umsehen,
die
ebenfalls
mit
allen
Grafiken
von
Patrick
Woodroffe im Booklet und der Musik von Dave Greenslade zu haben ist.